Montag, 07. Mai 2018, 18.15 Uhr

Raum A 017

„Gewalt und Religion – Ein komplexes Verhältnis“

Wolfgang Palaver

Religion steht heute oft als Ursache von Gewalt am Pranger. Doch schon ein kurzer Blick auf die großen Gewaltkatastrophen des 20. Jahrhunderts widerlegt eine solche oberflächliche Sicht. Der Zusammenhang von Gewalt und Religion ist tatsächlich viel komplexer.

Vor dem Hintergrund der mimetischen Theorie René Girards werden sowohl die Gewalteindämmung, wie sie für die urtümlichen Religionen am Ursprung der menschlichen Zivilisation typisch war, als auch die Perspektive der biblischen Religionen, die die verborgene Gewalt dieser ersten Form von Gewalteinhegung entfaltete, zur Sprache kommen. Mit der biblischen Offenbarung wurde der Menschheit ein Weg aus der Gewalt eröffnet. Dieser machte jedoch indirekt zugleich neue Formen religiös legitimierter Gewalt möglich: eine Art von Verfolgung der Verfolgung und des vermeintlich Bösen.

Diese Form von Gewalt gehört zu den eigentlichen Herausforderungen unserer gegenwärtigen Welt. Sie kennzeichnet auch den religiös motivierten Terrorismus.

Prof. Dr. Wolfgang Palaver, Professor für systematische Theologie im Fachgebiet Christliche Gesellschaftslehre an der Universität Innsbruck.

 

Montag, 28. Mai 2018, 18.15 Uhr

Raum A 017

 

„Zur Struktur gemeinschaftlicher
religiöser Gewalt“

Hans G. Kippenberg

Die heutige empirische Religionsforschung geht nicht von einem direkten Zusammenhang zwischen Monotheismus bzw. Religion und Gewalt aus, sondern betrachtet ihn als kontingent.

Religionsgemeinschaften interpretieren verschie­dene Typen von Konflikten aus einer religiösen Perspektive heraus und rechtfertigen damit ein ge­meinschaftliches Gewalthandeln, für das sie eine religiöse Sprache ausbilden. Zwei exemplarische Fälle werden im Lichte dieser Problemstellung besprochen.

Religiöses Gewalthandeln kann nicht auf abstrakte Werte zurückgeführt werden. Vielmehr beruht es auf einer religiösen Definition einer Konflikt­situation, wobei die in den heiligen Schriften enthaltenen Vorbilder von Konfliktlösungen den Handelnden Orientierung geben.

Prof. Dr. Hans G. Kippenberg war bis zu seiner Emeritierung Professor für Religionswissenschaften an der Universität Bremen.

 

Dienstag, 12. Juni 2018, 18.15 Uhr

Raum A 022

„Warum ziehen junge Europäer
in den Krieg?“

Jürgen Manemann

Warum übt der Dschihadismus des „Islamischen Staates“ auf junge Menschen in der westlichen Welt eine so große Faszination aus? Wer den Ursachen für diese Anziehungskraft auf den Grund gehen will, muss den Blick auf die kulturellen Krisen westlicher Gesellschaften richten: auf Gefühle der Leere, der Sinn- und Hoffnungslosigkeit und ihre Folgen in Form von Resignation, Ressentiment und Zynismus. Der Dschihadismus präsentiert sich als Therapie gegen diese sozialen Pathologien. Er wirkt jedoch krisenverschärfend, da er die Unfähigkeit verstärkt, das Leben zu bejahen. Als aktiver Nihilismus produziert er Empathieunfähigkeit, Hass und blinde Gewalt. Die westlichen Gesellschaften müssen Gegenkräfte entwickeln, indem sie eine konsequente Politik der Anerkennung und der Leidempfindlichkeit verfolgen und so den Sinn für eine Kultur der Humanität wieder stärken.

 

 

 

 

 

 

Prof. Dr. Jürgen Manemann ist Direktor des Forschungsinstituts für Philosophie, Hannover.